Kuba, Tag 1; Frankfurt – Havanna
Kuba, Tag 2; Havanna
Kuba, Tag 3; Valle de Viñales
Kuba, Tag 4; Castillo de los Tres Reyes del Morro, El Floridita, Cementerio Cristóbal Colón, Bettruhe
Kuba, Tag 5; Havanna – Cienfuegos – Trinidad
Kuba, Tag 6; Trinidad, Strand
Kuba, Tag 7; El Cubano, Wasserfall, Beachvolleyball, Rum
26.11.2009
Abschied vom albtraumhaften Hotel. Endlich! Halleluja. Ein letztes Mal ein mageres Frühstück, das diesen Namen nicht verdiente.
Und ab zum Bus. Die lange Fahrt nach Hershey stand uns bevor. In der Gegend zwischen Havanna und Matanzas hatte Mr. Hershey in den 20er Jahren des vergangenen Jahrhunderts eine sichere Zuckerquelle für die Hershey Chocolate Company gefunden und dort mehrere Zuckerfabriken gebaut. Dieser Zucker musste von der jeweiligen Fabrik dann zum Hafen gebracht werden, wozu Eisenbahnlinien gebaut wurden. Eine dieser Bahnen wird heute verwendet, um Touristen in mehr oder weniger historischen Waggons durch die Landschaft zu chauffieren. Das war auch unser Ziel.
Aber vor dieser Fahrt stand zunächst die Busfahrt. Und die zog sich hin, dass es eine Art hatte.
Ich las fatalerweise weiter in meinem Buch.
Draußen zog die Gegend vorbei. Wuchernde Vegetation, Felder mit fruchtbaren Böden. Die Autobahn war wie immer weitgehend leer.
Wir hielten dann an einer Tankstelle. Nicht um zu tanken, das erledigte der Fahrer immer wenn wir grad nicht dabei waren. Die Tankstelle verfügte über sanitäre Einrichtungen, die das Objekt der Begierde (vornehmlich der Damen) waren.
Außerdem verfügte die Tankstelle über ein kleines Männchen, das handtellergroße Löcher in seinen Schuhsohlen hatte. Der lief entsprechend mit Teilen der nackten Füßen auf dem Boden. Obwohl er Schuhe trug.
Und er erbat die Schuhe der sanitär wartenden Damen. Auch die der Gattin.
Jetzt hat man meistens eigentlich nur das eine Paar Schuhe dabei, das soeben an den Füßen steckt. Und überhaupt…also…ehm…
Das Männchen fand also keinen Ersatz bei uns. Irgendwie traurig, eigentlich. Zumal ich am Ende der Reise meine treuen und von der Gattin innig gehassten Sandalen zurück- und somit der Entsorgung anheimfallen lassen musste.
Der Himmel war während der Fahrt beeindruckend grau und sah ziemlich unheilverkündend aus – im Verlauf der Bahnfahrt lichteten sich die Wolken dann.
Vor dieser Bahnfahrt stand aber noch das Mittagessen. Mit Müh und Not hatten wir es bis 13 Uhr zum typischen ländlichen kubanischen Touristenrestaurant geschafft. Das war wie immer überdacht, aber ansonsten offen. Und das Essen war (wie meistens) stark hühnchen-, reis- und bohnenlastig. Das musste nicht schlecht sein, war hier aber auch nicht herausragend gut.
Herausragend, aber eher unvorteilhaft, waren hier die sanitären Einrichtungen. Es gab da ein kleines Häuschen ein Stück den Hang hinter dem Restaurant hoch. Davor saß eine alte Frau, spielte Klofrau und machte einen auf harmlos. Das Männerklo bestand aus einem dunklen Raum mit einem ebensolchen Boden, einem versifften Pissoir und einer ebensolchen Schüssel die nicht abgetrennt war. Der ganze Raum verfügte nicht über eine Tür. An der Wand waren noch Spuren eines Waschbeckens zu erkennen. Bolzen in der Wand, eine abgeklemmte Wasserzuleitung. Es roch mörderisch. Ich entledigte mich so schnell es ging meiner flüssigen Verdauungsendprodukte und stürzte hinaus. Dort war, wie ich jetzt feststellte, an einer Ecke des Häuschens ein Eimer aufgestellt worden, in den sich eine Wasserleitung mehr oder weniger stark ergoß. Hände waschen und bloß weg da.
Im, der holden Weiblichkeit vorbehaltenen Teil der Örtlichkeit soll es nicht besser ausgesehen haben.
Ab in den Bus und ab zurück zur Bahnstation. Dort waren wir vor dem Essen schon mal, da weder Busfahrer noch Reiseleiterin sich der Gegend, zumindest aber der Mittagessenlokalität, wohl nicht so sicher waren. Diese Bahnstation war ein kleines Gebäude mit einem erhöhten Betonstreifen unmittelbar neben einem Bahnübergang der völlig ungekennzeichnet war.
Wir würden vor Abfahrt des Zuges noch eine kleine Rundfahrt durch die Stadt die Mr. Hershey seinerzeit für seine Arbeiter um die Zuckerfabrik herum angelegt hatte, unternehmen. An der Bahnstation stand eine schmutzige alte Diesellok, unter ihrem Blech bebte das Aggregat vor lauter Drehmoment und versetzte die Umgebung in Schwingungen. Angehängt waren zwei Waggon von denen einer nur wenig besser aussah als der andere.
Wir lachten und scherzten, daß das unser Zug sei und bereits auf uns warten würde. Haha.
Rundfahrt durch die Siedlung. Die Zuckerfabrik selber…ich hab nicht ganz herausbekommen ob die wenigstens stellenweise noch irgendetwas produzierte oder (wie es den Anschein hatte) ihrer völligen Zersetzung entgegenrostete. Die Optik, das lernt man in diesem Land schnell, hat nicht zwingend etwas mit einer möglicherweise vorhandenen Nutzung zu tun.
In einer Halle unmittelbar neben (oder noch auf) dem Gelände der Zuckerfabrik hatte sich eine italienische Firma niedergelassen und fabrizierte Fliesen.
Einige wenige der Häuschen in der Siedlung waren allerliebst restauriert und renoviert, die meisten gammelten aber so vor sich hin. Letztere wiesen vielfach Zeichen momentaner (Wohn-)Nutzung auf.
Die Rundfahrt war kurz und wir schon bald wieder an der Bahnstation. Der Zug stand noch da. Wir würden mit diesem Zug fahren. Okay.
Also alle rein. Der erste und optisch ansprechendere Waggon hatte in einem früheren Leben die 1. Klasse beherbergt und war schon von einer anderen Reisegruppe besetzt. Nach dem Sieg der Revolution gab es natürlich keine gesellschaftlichen Unterschiede mehr – der frühe Vogel kriegt den besseren Platz. Die 2. Klasse im zweiten Waggon verfügte über vier, nicht über drei Plätze nebeneinander. Die Polsterung war…nicht der Rede wert, die Fenster bestanden aus mehr oder weniger blinden Glasscheiben in einfachen Holzrahmen, die mit einem simplen System aus Holzleisten offen (nach oben geschoben – wie man es von Fenstern im nordamerikanischen Kulturkreis mitunter kennt) oder geschlossen an ihrer Position gehalten wurden.
Über dem Gang in der Mitte verlief ein durchhängendes und ziemlich dünnes Seil an dem man sich als Stehplatzinhaber wohl festhalten sollte. Es gab genügend Sitzplätze.
Der Zug setzte sich rumpelnd und unter einigem Getöse (Würde die betagte Lok, aus vermutlich frühsowjetischer Produktion, uns zum Ziel bringen?) in Bewegung und die Waggons stolperten die Schienen entlang.
Im vorderen Waggon setzte ein ordentliches Getöse ein – vor der Abfahrt war eine Band zugestiegen. Ein paar Musiker, ein paar Tänzerinnen. Was das bedeutete, sollten wir Zweitklässler auch bald erfahren.
Zunächst gab’s erstmal was zu trinken. All inclusive. Was man wollte. Die Becher waren, angesichts der rüttelnden Bahn, irritierend gut gefüllt. Ich hielt meinen Kopf ein bisschen aus dem offenen Fenster und ließ mich vom Fahrtwind kühlen. Dabei galt es allerdings aufzupassen. Diese Bahnstrecke wurde offenbar selten oder mit schmaleren Waggons befahren – der seitliche Bewuchs schrammelte regelmäßig außen an der Wand entlang, das konnte für heraushängende Köpfe eher unvorteilhaft sein. Teilweise waren das richtig harte, holzige und stachelige Sachen, die beim vorbeifahren auch ordentlich ins Fenster reinpeitschten.
Zuhause hat die Schwiegermutter der Gattin einen in seiner Grundform dreieckig emporwachsenden Kaktus in einem Blumentopf – hier ließ man sich daraus einen Zaun wachsen:
Dann kam die Musik. In Form der Band, die lärmend in unseren Wagen einzog. Die Tänzerinnen tanzten und jeder der nicht grad einen vollen Becher oder ein Gipsbein hatte, wurde genötigt, mitzutanzen. 1-2-Cha-Cha-Cha.
Ich hatte zum Glück einen vollen Becher und verwendete außerdem demonstrativ die Kamera. Generell gibt es für mich aber auch nur ein kurzes Zeitfenster, in dem ich zur dergleichen und ähnlichen Tanzbetätigungen bereit bin. Nämlich der Moment zwischen ‘sturzbetrunken’ und ‘alkoholbedingtem völligen Verlust der Motorik’. Diese kleine Lücke zwischen ausreichender Enthemmung und Bewusstseinsverlust ist schwer zu treffen, zu leicht schießt man beim Wirkungstrinken darüber hinaus. Deswegen versuche ich es gar nicht erst, sondern höre auf wenn mir komisch wird.
Aber egal. Unter den Mitreisenden gab es dankenswerterweise genug Leute, die einerseits keine Hemmungen hatten, andrerseits aber auch keine völlig blöde Figur beim tanzen machten.
Entsprechende Filmaufnahmen können hier aufgrund von ausschweifenden Persönlichkeitsrechten nicht gezeigt werden und dienen ausschließlich zur Urlaubserinnerung und der persönlichen Belustigung des Autors sowie der Gattin.
Die Band wanderte während der gut einstündigen Fahrt zwischen den beiden Waggons hin und her und Musikanten wie Tänzerinnen waren bald schweißnass. Nicht aufgrund der Temperaturen, die sich ganz gut aushalten ließen.
Der Ziel’bahnhof’ stand dem am Abfahrtsort in nichts nach – eher im Gegenteil.
Über eine kleine Steigung kletterten wir dann zum dazugehörigen Ort bzw. der Ansammlung halbverfallener Häuser bei der der Bus wartete.
Dort ließ sich dann noch der sichtlich stolze Besitzer eines kaum gebrauchten Plymouth (ein frühes Vor-Revolutions-Modell) mit seinem Fahrzeug von den blassen Touristen fotografieren.
Damit war der erste Teil der Operation Kuba, nämlich die Rundreise, fast zuende. Der Bus brachte uns an diesem Tag noch zur Halbinsel Varadero und dort nach und nach zu den Hotels für den Bade-Teil des Urlaubs. Für mich und die Gattin hieß das: 10 Tage Sonne, Strand, Pool, All Inclusive.
An der Zufahrt zur Halbinsel gab es eine Kontrollstation bei der der Fahrer, um passieren zu dürfen, eine Summe in mir unbekannter Höhe zahlen musste. Zumindest früher durfte ein handelsüblicher Kubaner diese Halbinsel, ohne dort einer entsprechenden Tätigkeit nachzugehen, nicht betreten. Ich weiß nicht ob das noch immer so ist, viel war aber auf den Straßen auch hier nicht los.
Das kann allerdings auch daran gelegen haben, dass es auf der Halbinsel außer Hotels einfach nichts weiter gab. Die reihten sich an der Nordseite (Floridastraße) wie die Perlen einer Kette aneinander. Und je weiter man nach Osten kam, desto teurer wurde es, raunten die Mitreisenden.
Wir wohnten im ehem…vorletzten Hotel Richtung Osten und stiegen zusammen mit einem weiteren Paar als Letzte aus dem Bus.
Das Hotel erwies sich zumindest schon mal optisch als der Beschreibung in Reisekatalog und Internet entsprechend. Wir wurden persönlich begrüßt, um unsere Reiseunterlagen gebeten und für einen kurzen Zeitraum auf einer der zahlreichen Sitzmöglichkeiten im offenen Eingangsbereich geparkt. Ehe wir das von der Lobbybar kredenzte Getränk geleert hatten, erhielten wir schon die Karten für die Zimmertüren, einige Hinweise zum Hotel und den Abläufen und wurden dann in einer wilden Fahrt mit einem elektrischen Golfwagen durch die Parkanalage zu dem Haus das unser Zimmer beherbergte, gebracht.
Der Fahrer und ein Kofferträger schleppten die Koffer in die zweite (und zugleich oberste) Etage und ich gab brav Trinkgeld. Ein bisschen auspacken, umziehen, Abendessen und dann ab ins Bett. Am nächsten Morgen konnte zum ersten Mal in diesem Land ausgeschlafen werden.