Inzwischen enthält der Auswurf annähernd feste Bestandteile. Ganz toll.
Aber immerhin kann ich schon fast wieder sprechen. Da kam ich gestern Abend kaum noch über ein Krächzen hinaus.
*seufz*
Müde
Wenn man morgens nach dem Aufstehen den Behälter mit den Kontaktlinsen zur Hand nimmt, nacheinander beide Kammern ausspült und nicht merkt dass man grad die Linsen, die die Nacht im Behälter geschlummert haben, rausgespült hat, selbige nun im Waschbecken liegen und man dann feststellt, dass irgendwas nicht stimmt…dann sollte man mal über ein bisschen mehr Schlaf nachdenken.
Mit der Tür ins Haus fallen
Bei uns im Haus hängt an einem Brett ein Zettel auf den man Dinge schreiben kann, die vom Hausmeister erledigt werden sollen.
Sowas wie ‘Beleuchtung im Wäschekeller kaputt.’.
Immer wenn es hinreichend kalt ist, schließt die Haustür nicht mehr richtig. Das tut sie eigentlich selbsttätig, aber bei entsprechender Außenkälte zieht der Schließer die Tür nicht genug, so dass die Falle (Ja, so heißt das bei einem Türschloss. Unten: ‘Riegel’, oben: ‘Falle’.) nicht in die dafür vorgesehene Vertiefung in der Zarge einschnappt. Die ist also dann nicht bockig. Haha.
Wie dem auch sei. Die Tür sieht dann ‘zu’ aus, kann aber durch einfaches drücken geöffnet werden.
Das ist natürlich ein stückweit doof. Weil: Es führt das System einer eigentlich verschlossenen Haustür ad absurdum.
Vor einer Zeit notierte die Gattin diesen Umstand also auf besagtem Zettel und der Hausmeister quittierte die Erledigung. Vielleicht war es an dem Tag nicht mehr ganz so kalt oder was weiß ich, jedenfalls ging die Tür danach trotzdem nicht selber zu.
Also: Nochmal notiert.
Hausmeister: Nochmal die Erledigung quittiert.
Realität: Tür ging weiterhin nicht zu.
Dann wurde es draußen etwas milder und die Tür schloss wieder. Keine Ahnung ob das wirklich mit der Kälte zu tun hat, aber es passt auffällig.
Jetzt war es wieder ein wenig kälter und die Tür…ja. Man erkennt ein Muster.
Diesmal notierte eine andere Mieterin den Mangel. Vermerkt mit einem geklammerten ‘schon wieder’. Danke. Wir dachten schon, wir wären die einzigen denen die ständig de facto offene Tür nicht so ganz geheuer wäre.
Nun dachte der Hausmeister wohl etwas wie ‘Na, jetzt aber!’ und verstellte den Schließmechanismus der Tür derart, dass diese wie immer leidlich langsam zugezogen wurde, aber auf den letzten Zentimetern deutlich an Geschwindigkeit zulegte und laut vernehmlich in Schloss fiel.
Als ich am Tag nach dieser Reparatur durch die Tür trat und selbige mit einem Schlag ins Schloss fiel, dachte ich sofort: Das geht nicht lange gut. Im Erdgeschoss wohnen ja auch Leute, und das knallt ganz schön…
Prompt findet sich aktuell der Hinweis, dass die Türe zu laut schließen würde, auf dem Mängelzettel.
Mal sehen ob sie morgen wieder leise nicht mehr schließt.
Jeden Tag eine gute Tat
Es gibt keine Liebe mehr unter den Menschen. Wirklich. Und das lässt sich auch täglich gut beobachten. Auf der Straße wird dem Gegenüber schon mal die Vorfahrt genommen, oder er wird geschnitten. Die Leute hämmern mit geschwollenen Adern am Hals auf ihren Hupen rum.
Überfälle werden begangen, Mord, Totschlag, Vergewaltigung. Steuerhinterziehung, Anlagebetrug. Jugendliche bieten alten, sich deutlich mühevoll im Bus auf den Beinen haltenden, Leuten keinen Platz an. Im Geschäft wird man vom Verkaufspersonal wie der letzte Bittsteller der die Kaffeepause hinauszögert, behandelt. Eltern lassen Kinder verwahrlosen oder verhungern. Menschen täuschen ihren Tod vor um den Schulden oder der Verantwortung zu entfliehen.
Die Liste ist beliebig fortführbar.
Aber manchmal…manchmal gibt es einen Lichtblick. „Jeden Tag eine gute Tat“ weiterlesen
Loreley
Mein Intercity hechelt mal wieder seiner obligatorischen Verspätung hinterher, 13 Minuten laut Durchsage – kaum erwähnenswert. Seneca erzählt mir vom glücklichen Leben, ab und zu schweifen meine Gedanken ab und mein Blick wandert aus dem Fenster. Die Welt draußen ist mit ‘grau’ hinlänglich treffend beschrieben. Der Schnee der vergangenen Wochen ist restlos weg, dunkle Wolken ziehen am Himmel entlang, als müssten sie ihren Zug kriegen.
Der Rhein fließt grau und träge neben der Bahnstrecke entlag. Oder umgekehrt. Sogar der angejahrte Intercity ist von außen schmutzig-grau. Wie das im Fernverkehr meistens so ist, sitzen etliche Ortsunkundige im Zug. Offensichtlich sind wie immer zwei Gruppen zu erkennen: Rentner die Verwandte besuchen oder in den Urlaub fahren, und Geschäftsleute auf dem Weg zu einem Termin. Wie ich auch. Mit Anzug, Trolley, Umhängetasche. (Wie ich nicht.) Aus der Tasche kommen meist ziemlich schnell irgendwelche Papiere oder Laptops hervor. Ab und zu ein Blick aus dem Fenster, ansonsten konzentrierte Arbeit. (Zumindest am Tag. Beginnend am frühend Abend verschwinden die Geschäftsleute gerne mit gelockerter Krawatte im Speisewagen um später mit einer veritablen Bierfahne zurückzukommen.)
Draußen huscht also das Rheintal vorbei, Mainz, Rüdesheim, Bingen, Kaub und dann kommen wir an der Loreley vorbei. ‘Die Loreley’ ist eigentlich ein Felsen und ziemlich unspektakulär. Auf der östlichen Seite des Rheins ragt er empor, oben sind ein paar Fahnenmasten zu erkennen. Unten an der Mauer die die Bundesstraße 42 vor dem in-den-Fluss-fallen bewahrt, hat man mit großen Lettern und schwarz auf weiß ‘LORELEY’ geschrieben. Das ist nicht ganz unlustig, da da unten außer diesem Wort nichts weiter zu sehen ist. Trotzdem geht unweigerlich und bei jeder meiner wöchentlichen Fahrten die Parole ‘Loreley’ durch den Wagen. Irgendjemand hat aufgepasst und teilt seinem Gegenüber (bekannter oder unbekannterweise) mit, dass hier gleich ‘die Loreley’ käme. Diese Kunde wandert nun wie der Geruch von gammelndem Fisch durch den Wagen.
Und jeden den sie erreicht, veranlasst sie, den Hals zu recken und aus dem Fenster zu starren. Bald wird erwähnter Schriftzug entdeckt, gefolgt von einigen ‘Ah’s und ‘Oh’s. Vermutlich in den meisten Fällen ohne jede tiefere Kenntnis von den Hintergründen der Sage und dem was es da eigentlich zu sehen gibt. Da geht es jedenfalls nicht um das was man da am Fuß des Felsens sehen kann. Ziemlich bald wird eben jener langweilig und die Leute hören auf rauszuschauen. Und verpassen damit die schöne Messingskulptur der Loreley, die man durchaus in Augenhöhe auf einer Landzunge im Fluss platziert hat und die, so man nicht den von hinten zugänglichen Loreleyfelsen erklimmt um auf den Fluss herab zu blicken, noch am ehesten sehenswert ist.
Dem Friseur ist nichts zu schwör
Im zarten Alter von 1 begab es sich, dass man feststellte, dass der kleine Christian irgendwie nicht in dem Maße zunahm, wie er aß. Also deutlich zu viel für meine spärliche Gewichtszunahme. Das fiel den Betreuerinnen in der Kinderkrippe auf, in der ich des tags vermutlich den anderen Kindern das Zeug wegfraß. Die konsultierte Kinderärztin konnte nichts finden. Bald darauf bekam ich Fieber und die Ärztin meinte dann dass man mich vielleicht doch mal in einem Krankenhaus untersuchen lassen sollte.
Dort wurde dann neben einer vergleichsweise harmlosen Angina eine Zwerchfellhernie diagnostiziert. Diverse Organe der Verdauung waren bei der Überkopf-Übung mit der ich im pre-natalen Lebensabschnitt aufbewahrt wurde, durch das gigantische Loch im Zwerchfell runter, also hochgerutscht. Und drückten hernach auf weite Teile der Lunge die sich dadurch massiv in ihrer Entfaltung behindert sah. Und selbiges auch verweigerte. Zumindest teilweise. Außerdem wurde die Verdauung nachhaltig beeinträchtigt. Also alles was oben rein kam, ging durch und kam unten wieder aus, soweit, so normal. Aber die Ausbeute an Nährstoffen war eher suboptimal. Das sollte nun dringend durch einen operativen Eingriff behoben werden. Ein Eingriff, von dem eine drei Kilometer lange Narbe am Bauch, eine ähnliche, wenn auch deutlich kürzere am Hals, sowie zwei über die komplette Breite der Armbeugen zurückbleiben sollten.
Nachdem die zeitweilig akute Lebensgefahr als Nebenerscheinung der Operation soweit gebannt war, durfte auch der Vater des Patienten diesen mal sehen. Das war aufgrund der Infektionsgefahr bisher vermieden worden und sollte auch jetzt nur durch eine Glasscheibe hindurch erfolgen. Dazu schickte man den Besucher auf eine, das Krankenhaus etagenweise umlaufende Galerie mit der Anweisung, durch welches Fenster zu schauen wäre, entlang. Leider hatte sich die Schwester wohl mit dem Zimmer vertan, so dass hinter dem genannten Fenster zum Schrecken des Hereinschauenden, ein anderes Kind in voller Intensivmedizinbestückung zu sehen war. Kanülen, Schläuche, Bandagen, Apparate…das ganze Programm. Das Kind hinter dem richtigen Fenster machte dann einen beruhigenderen Eindruck.
Nun wohnte mir aber eine bis heute anhaltende gewisse Unruhigkeit und Tendenz zur Bewegung bei, so dass dem medizinischen Personal um eine Wundheilung zu gewährleisten keine andere Möglichkeit blieb, als mich in der kritischen Phase mit sanfter Gewalt zu fixieren. Ich wollte auch nicht so richtig auf die Ermahnungen hören – so einem Einjährigen kann man ja auch schlecht die Notwendigkeit für etwas erklären. Nun zappelte ich also nach Kräften, was die eine oder andere wunde Stelle am Haaransatz im Nacken auf den Plan rief. Die dort wohnenden Haarwurzeln stuften diesen Zustand der anhaltenden Reizung als unzumutbar ein und kündigten alsbald ihren Mietvertrag um in der untergehenden Sonne zu verschwinden.
Von dort sind sie seitdem nicht mehr zurückgekehrt und ich muss bei jedem verdammten Friseurbesuch erzählen was das denn für eine Narbe sei.
Schönen Abend noch
Es ist dunkel. Ich bin froh, diese dicke Jacke mit dem lederigen Äußeren und dem pelzigen Inneren zu tragen. Der dicke gestrickte Schal verhindert wirkungsvoll das Schließen des oben Jackenknopfes aber auch das Einströmen von kalter Luft. Denn kalt ist diese Luft, die da über den Luisenplatz, der von ’39 bis ’45 ‚Adolf-Hitler-Platz’ hieß, streift. Mein Bus war natürlich gerade weg als ich ankam. Natürlich. Vermessen, etwas anderes zu erwarten. Der nächste lässt auf sich warten. Mehr als die eigentlichen 15 Minuten. Aber ich bin warm angezogen. Die meisten anderen Leute um mich herum auch. Eine seltsame Stimmung legt sich, zusammen mit dem plötzlich aufkommenden Nebel über den Platz. Die Laternen bekommen helle Kugeln um ihre Lampen, Heiligenscheinen gleich. Die Menschen werden in Entfernung unscharf. Nebel eben.
Der Fahrscheinautomat mit der Nummer 125 ist nach wie vor kaputt. Das Display leuchtet, nimmt aber keine Eingabe an. Das war schon am Wochenende so. Der Automat auf der Rückseite, sie stehen dort paarweise, Rücken an Rücken, ziert sich nicht so. Die Hessische-Elektrizitäts-AG (und/oder der RMV) bekommt einen Euro fünfzig von mir.
Der Hund der Frau neben mir, beginnt unmotiviert mit dem Schwanz zu wedeln. Helles Fell durch und durch, auf dem Schwanz ein dunkler Fleck. Er schaut unbewegt in den Nebel und wedelt plötzlich. Was geht in so einem Hundeschädel vor?
An einem Brunnen zwischen dem langen Ludwig und dem Luisencenter stehen drei Punks. Oder wie auch immer die sich heute bezeichnen. Ihr Äußeres hat sie jedenfalls früher, als ich noch jung war, als ‚Punks’ klassifiziert. die Kombination aus Klamotten, Haaren, Schuhen und der Art der öffentlich konsumierten Getränke. Vielleicht wollen Sie etwas ganz anderes sein. Funktioniert dann bei mir nicht. Niemand beachtet sie. Die Leute warten auf ihre Busse und Straßenbahnen die sie endlich nach Hause bringen werden. Hinter ihre Wohnungstüren. Zu warmer Luft, zu warmem Licht, zu warmen Getränken, zu lieben und/oder geliebten Menschen. Die Punks stehen da und frieren. Müssen sie, angesichts ihrer durch und durch unzulänglichen Kleidung. Sie haben ein portables Musikabspielgerät dabei. Das tut was es soll, nämlich Musik abzuspielen. Das was sie für Musik halten. So laut, dass sie sich anschreien müssen um sich zu verständigen.
So laut aus Prinzip? Um ihrem Ruf gerecht zu werden? Um Ärger zu provozieren? Um gegen die spießigen Bürger zu protestieren? Erfolglos.
Mein Bus kommt, ich steige mit den meisten Leuten zusammen ein. Der Bus fährt ab. Hin zu warmen Zimmern und warmem Licht. Durchs Fenster sehe ich die Punks an ihrem Brunnen stehen. Frierend, schreiend.
Schönen Abend noch denke ich. Wohl wissend, dass sie vermutlich keinen haben werden. Jedenfalls nicht nach meinen spießigen, bürgerlichen Maßstäben. Aber vielleicht wollen sie das auch gar nicht. Vielleicht.
Scheiß Schnee.
Schon wieder.
Und es musste selbstverständlich anfangen, kurz bevor ich die A5 ein gutes Stück lang befahren musste.
Verdammte, ranzige Hottentottenscheiße, dreckige.
Ist gut jetzt.
Scheiß Schnee
Noch Fragen? :evil:
Seneca wanted. Dead or alive.
Sachdienliche Hinweise, wo mein “Die Kürze des Lebens”-Exemplar hingekommen ist, werden belohnt.
Wenn man’s braucht, ist es mal wieder nicht auffindbar.