Krank

Die Gattin sagt dass ich was dazu schreiben soll, dass ich krank wäre.
Das müsste ich aber nicht, wenn sie mich nicht angesteckt hätte. Jetzt sitze ich hier mit einer Triefnase dass es eine Art hat. Wenigstens bekomme ich jetzt wieder Luft. Heute Nacht, gegen zwei Uhr war das anders. Zu Beginn der Nachtruhe war wenigstens ein Nasenloch noch permeabel. Später keins mehr.
Beim keuchen durch den Mund trockneten meine Lippen in Sekundenschnelle unangenehm aus, so dass die kleinste Bewegung schmerzhafte Risse verursachte.
Also aufgestanden und in der Küche mit allerlei Mittelchen Linderung gesucht. Hauptsächlich mit Nasenspray und diversen Inhalationszusätzen. Letztere wurden vorschriftsmäßig mittels heißem Wasserdampf inhaliert.
Zwischendrin habe ich aus der dunklen Küche heraus, dann immer wieder mit Erstaunen festgestellt, zu welchen unchristlichen Tages- und Nachtzeiten die Leute irgendwelchen Tätigkeiten nachgehen. Ich weiß zum Beispiel etwas Besseres, als mindestens bis drei Uhr morgens mit irgendwelchen Papieren, Ordnern etc. rumzufuchteln. Mindestens.
Irgendwann konnte ich dann wieder durch ein Nasenloch atmen und begab mich erneut zu Bett. Beim aufstehen um sechs war alles wieder zu. Herrlich.

Momentan läuft die Nase und ist auch für Luft passierbar, dafür tobt hinter meiner Stirn eine Herde Stiere oder so. ;(

Jugendstilbad

Eben jenes.
Ganz neu und so. Und mit viel Getöse vor kurzem neu eröffnet.
Wir haben heute mal geschaut und gebadet. Erstmal nur für zwei Stunden (5 EUR) und nur das Bad. Das lässt sich dann noch in andere Dimensionen, nämlich zeitlich und inhaltlich (zusätzlich noch SPA und Sauna) erweitern.
Aber zum erstmal-schauen hat’s gereicht.
Sehr schön renoviert, unter Beibehaltung einiger originaler Elemente – aber auch versehen mit aktueller Technik wie Sprudelliegen, allerhand Wassergedüse, Whirlpools, etc.
Kann man mal wieder hin. Vielleicht auch mit Massage und SPA und so.
Und eh…sehr sympathisch war der Bademeister, beziehungsweise seine Liegen-Räumungs-Taktik. In regelmäßigen Abständen ist er umhergegangen und hat die verwaisten Liegen von den sie markierenden Handtüchern befreit. Selbige landeten dann auf unweit stehenden Stühlen hinter den Liegen.
Draußen, im Außenbecken, unterhielten sich dann noch zwei Damen über die wohl noch einzurichtende Liegewiese.
“Da wird es da wohl dann bald Beschwerden von den Anwohnern wegen nackter (oder auch angezogener) Badegäste geben.”
Mit diesen Worten schaute man auf ein nahe stehendes Gebäude.
Die Antwort lautete dann: “Ach was, da leben doch keine Leute, oder? Da wohnen doch nur Studenten.”

Wird nicht weh tun…

Zahnarzt.
Schon wieder.
Eine Füllung und in zwei Wochen noch die Verfugung der Wurzelbaustelle.
Heute erstmal die Füllung.
Nicht so schlimm, dachte ich. Kann ja so wild nicht werden, dachte ich. Ich hab schon mehr Schmerzen gehabt, hab ich gedacht.
Soviel zur Theorie. Grau. Das war sie.
Dann kam die bunte Praxis. Also nicht die Zahnarztpraxis.
Ich bat erstmal um eine Betäubung. Gewährt, gespritzt. Und los ging’s.
Anfangs ja noch nicht so dolle, aber dann…dann hatte ich mehr und mehr das Gefühl, dass ein wildes Tier in meiner Kaukeramik wütete. Auauaua!
Nachdem die alte Füllung entfernt war, zeigte mir der Arzt mittels einer Kamera und eines LCD-Bildschirmes das Ergebnis. Und das sah übel aus.
Unter die Füllung, die nach Urteil des kundigen Mannes nicht so wirklich geeignet war, hatte sich allerhand Karies geschlichen. Vorsichtig erkundigte ich mich ob ich denn nun wirklich eine Betäubung erhalten habe. Weil das ja doch ein wenig sehr doll viel weh getan hätte. Also noch eine Spritze und ein paar Minuten Wartezeit.
Nachdem dann irgendwann alles vorbei war, begann die Betäubung in die Lippe und in die Wange zu krabbeln. Und da sitzt sie jetzt noch. Ein tolles Gefühl.

Darmstadtium

Tag der offenen Tür.

 

Die halbe Stadt war da. Und noch aus dem Umland ein paar Leute. (Gefühlt zumindest.) Entsprechend voll war das Ding. Teilweise ging auf den Treppen und in den Gängen gar nichts mehr. Ganz besonders dann, wenn die Leute plötzlich auf ebenjenen Treppen oder in ebenjenen Gängen stehenbleiben müssen um zu glotzen oder zu palavern. Nein, es will da sonst niemand lang. Nein, es staut sich nicht. Nein, die Leute hintendran finden das gut.

 

An diversen Stellen ist das Gebäude noch nicht so ganz fertig. Gemauerte Wände die noch verputzt werden mussten, zum Beispiel. Und über die Architektur lässt sich gewiss auch ganz vortrefflich streiten. Ich persönlich finde es jetzt nicht sooooo toll.

 

Die Gattin erhielt eine Blume und jeder Gast, wenn er wollte, kostenlos eine Flasche Darmstädter Braustüb’l mit ‘Darmstadtium’-Etikett. Ich wollte natürlich und ich hielt auch die Gattin an, zu wollen.
Die milde Gabe wurde dann auch direkt am Abend zum Mahl vernichtet.

Vorurteile

Samstag beim Fotograf.
Ich war da um ein paar Photos meiner Physiognomie erstellen zu lassen. Meine Angst, dass die Linse der teuren digitalen Spiegelreflexkamera mit der photographiert wurde, bei meinem Anblick zerspringen könnte, erwies sich als unbegründet. Vermutlich eine besonders stabile Linse. Man weiß es nicht.
Ich warte dann also auf die Aushändigung meiner Photos, von denen ich eines am Montag direkt zum Einwohnermeldeamt tragen würde und betrachtete die Bilder die da noch so ausgestellt waren. Erstaunlich viele leicht oder gar nicht bekleidete Damen. Die handelsübliche Darmstädterin scheint sich gerne mal in erotischen Posen photographieren zu lassen und hat dann auch kein Problem damit, dass das Studio mit der Zurschaustellung der eigenen Kunst (und entsprechend mit der des nackten Körpers) wirbt. Wer hätte das gedacht.
Naja, der Sommer kommt bestimmt irgendwann wieder. Und mit ihm längere Tage und kürzere Röcke.

 

Jedenfalls warte ich da so vor mich hin und an einem Computer sitzt eine junge Dame. Sie versucht, unterstützt von einem Angestellten, aus einigen Aufnahmen eine zu verwendende auszusuchen. Nach eigener Aussage für eine Bewerbung. Es sind keine Passfotos, das habe ich gesehen als mein Blick durch den Raum schweifte.
Kopf und etwas mehr Oberkörper als das Einwohnermeldeamt gestatten würde. Nun ist die Dame nicht unschön. Ziemlich jung und eine sehr angenehme Erscheinung. Dunkler Blazer, sehr seriös.
Der Angestellte versucht, ihr die vermutlich marginalen Unterschiede der einzelnen Aufnahmen zu zeigen, auf dass die Entscheidung leichter fiele. Grad sagt er sowas wie: “Hier schauen Sie ein wenig ernster als auf dem vorherigen Bild. Was studieren Sie denn?”
Na klar. Wer sich beim Clown-College bewirbt, sollte vermutlich kein Business-Outfit auf dem Bild tragen. Und umgekehrt.
Sie antwortet: “Informatik.”
Pause.
Und mit einem leicht verzweifelten Blick: “Aber ganz so ernst soll das auch nicht aussehen.”
Ihre Gedanken waren nahezu hörbar: Ich weiß dass solche Frauen wie ich nicht Informatik studieren und möchte bitte nicht dass mein potentieller Arbeitgeber denkt, ich hätte keine Freunde und denke und träume in $Programmiersprache!!!

Der Tragödie zweiter Teil.

Teil eins.

Es ging schon nicht gut los. Beim Zahnarzt angelangt, wurde ich direkt auf den Stuhl des Grauens beordert.
Es begann erstmal mit einer mittelschweren Malträtierung. Zahnsteinentfernung. Man kennt das vielleicht. Es geht stets mit einigermaßen viel Blut einher, weil der böse Zahnstein ja bis an das Zahnfleisch herankrabbelt und sich dort über Gebühr festhält. Der Sack. Und dann dort mit einem bösen Instrument bös rumgewerkelt wird. Bis an das Zahnfleisch ran.

Dann war es vollbracht und ich durfte ausspülen. Ein Schwall rosa Wasser ergoss sich in das Becken. Toll.
Dann kam der Arzt und es ging erst richtig los. Injektion eines netten Narkotikums und anschließendes Öffnen der Zahnkanäle. Ich konnte mir erst so recht nichts drunter vorstellen und wusste auch währenddessen nicht so genau was vor sich ging. Denn in meinem linken Oberkiefer verbreitete sich so ein dumpfes Gefühle des nichts-Fühlens. Was aber nicht verhinderte dass ich zünftig was fühlte.
Mit allerhand Werkzeugen wurde an dem armen Zahn herumgemacht, dass es eine Art hatte. Ich spürte ein raspeln und ratschen, unterlegt mit infernalischem Schmerz. Der Arzt hatte vorher gesagt, ich solle mich bemerkbar machen wenn es weh täte. Das habe ich anfangs ein paar Mal gemacht, aber irgendwann wurde es zu einem fiesen Dauerschmerz, da hab ich mich still in die Sache ergeben und zu meinem Schöpfer gebetet dass er mich zu sich nehmen möge. Hat er natürlich nicht gemacht, der Sack. Wenn man ihn einmal braucht…
Irgendwann, nach schätzungsweise zwei Jahrhunderten, war das Martyrium dann zuende, ich erhielt eine entzündungshemmende Einlage in den Zahn und einen provisorischen Verschluss.
Und ich wurde der lustigen Gerätschaften ansichtig, mit denen der entsprechende Teil der Kalkleiste geärgert wurde. Einen großen Teil machten kleine Nadeln, Stecknadeln nicht unähnlich, mit einem Plastikstummel zum festhalten am stumpfen Ende aus. Das spitze Ende war durchaus sehr spitz und vorne leicht gebogen. Man eröffnete mir dass damit in den Tiefen des Zahnes herumgestochert worden war. Die Nadeln waren fast alle an der Spitze blutig-rot.
Spontan wurde mir allgemein sehr wohl und ich war froh, diese Werkzeuge vorher nicht gesehen zu haben.
Der Doc erklärte mir noch dass diese Entzündung schon erstaunlich weit fortgeschritten war. Ich hätte wohl eine eher ungewöhnlich hohe Schmerztoleranzschwelle. 99 von 100 Menschen wären, als der Zahn da so vor sich hinzündelte, wohl längst vor lauter Auaua verrückt geworden. Naja, hat mir nicht geholfen als die Zahnkanäle geöffnet wurden.
Dann gab es noch ein Rezept für Antbiotika (Gibt’s da nicht was von Ratiopharm? Es gab. Spironolactonil-ratiopharm Amoxicillin-ratiopharm 500.) und ich war erstmal entlassen.
Währenddessen breitete sich eine partielle Gesichtslähmung auf dem linken Teil meiner Visage aus. Die Lippe fühlte sich an, als hätten starke Männer mit großen Fäusten da eine Weile lang drauf gehauen. Während also das Narkotikum weit ausholte, erlangte die pochende Zahnwurzel wieder Oberwasser. Das sie nie wirklich verloren hatte.
Irgendwann hatte ich dann die Gewalt über meine Mimik zurück, und der Zahn gab auch langsam wieder Ruhe. Ein schönes Gefühl. Bis zum nächsten Mal.