Kuba, Tag 4; Castillo de los Tres Reyes del Morro, El Floridita, Cementerio Cristóbal Colón, Bettruhe

Kuba, Tag 1; Frankfurt – Havanna
Kuba, Tag 2; Havanna
Kuba, Tag 3; Valle de Viñales

22.11.2009
Dass ich in der Nacht meine Körperflüssigkeiten (abgesehen von Transpiration) bei mir behalten hatte, war schon mal ein gutes Zeichen. Aber auch das einzige dieser Art. Mit meinem allgemeinen Befinden stand es nicht so gut. Genauer gesagt stand es damit sogar so schlecht, dass die Gattin über die Rezeption die hoteleigene Ärztin zu einer Visite organisierte.
Es erschien dann eine sehr unaufgeregte Frau mittleren Alters in Kittel und Begleitung eines kleinen Köfferchens. Sie war der englischen Sprache mächtig, was die Konsultation schon mal erheblich erleichterte. Das mit der Sprache war durchaus keine Selbstverständlichkeit – die Tatsache dass man es bei der Arbeit mit einer nicht unerheblichen Anzahl von nicht-spanischsprachigen Touristen zu tun hat, scheint für den handelsüblichen und im Tourismus tätigen Kubaner nicht unbedingt ein Argument, sich diese Weltsprache anzueignen.
Wie dem auch sei. Ich legte der Ärztin also die Erscheinungen meiner Unpässlichkeit dar, und sie erkundigte sich dann nach allerhand Dingen. Allergien, Vorerkrankungen und so weiter.
Sodann sollte mein Bauch abgeklopft und -gehört werden. Über den zieht sich eine lustige und längere, 27 Jahre alte Narbe. Der Ärztin fiel selbige natürlich auf und sie fragte was da wohl los gewesen sei. Dass die Sache so viele, nämlich eben 27 Jahre her sei bekam ich noch zusammen, aber was in Gottes Namen heißt ‘Zwerchfell’ auf englisch? Oder auf spanisch? Ich versuchte die Sache irgendwie zu beschreiben, stammelte in Ermangelung des korrekten Ausdruckes und einer hinlänglich treffenden Beschreibung (nicht nur das Zwerchfell, auch diverse andere Organe die in der näheren Umgebung liegen und zur Beschreibung hätten hilfreich sein können wollten mir in ihrer englischen Bezeichnung nicht in den Sinn kommen) allerdings nur ein wenig herum. Ratlos schaute ich die Gattin an. Die Gattin schaute ratlos zurück. Dann schauten wir ratlos die Ärztin an. Auch einem Reisewörterbuch war das Zwerchfell als solches gänzlich unbekannt.
Die Ärztin gab sich notgedrungen wohl damit zufrieden, dass eine 27 Jahre alte Operation wohl hier keine Relevanz hatte. Hatte sie ja auch nicht.
Sie (die Ärztin, nicht die Operation oder die Relevanz) klopfte dann ein wenig hier und da auf meinem Bauch rum und horchte mit einem Stethoskop nach dem Echo. Oder nach was auch immer. In meinem Verdauungstrakt hatten die Bakterienrebellen inzwischen eine Gewaltherrschaft errichtet und für Ruhe gesorgt. Vermutlich war auch nichts mehr da, das für eine größere Geräuschentwicklung hätte sorgen können.
Die Ermittlung meiner Körpertemperatur ergab ein kleines bisschen Fieber, das Ganze brachte weißbekittelte Frau dann zu der Diagnose einer Infektion mit irgendwelchen fiesen Bakterien (Name bereits erfolgreich vergessen). Lebensmittelkram.
Ein letzter Gruß aus dem Viñales-Tal.
Maßnahmen: Bettruhe für diesen Tag, eine Spritze in den Allerwertesten (Fiebersenkung), ein Rezept für Antibiotika.
Mit den Medikamenten ist es auf Kuba so eine Sache. Man kriegt ohne Rezept zunächst in einer Apotheke grundsätzlich nichts. Erklärte uns die Ärztin. (Inwieweit das möglicherweise nur für Touristen gilt, ist mir unbekannt.)
Sie schrieb ein Rezept und erklärte das weitere Vorgehen. Die Kosten für die Tabletten seien direkt bei ihr zu entrichten, sie würde das Zeug dann auch besorgen (oder die Besorgung veranlassen) und dann direkt auf’s Zimmer bringen.
Glücklicherweise hatten wir Pesos in ausreichender Zahl grad nicht zur Hand.
Glücklicherweise war die funktionierende Kreditkarte auf meinen Namen ausgestellt.
Glücklicherweise musste ich also runter in die Hotelhalle um dort nach ganz wenig Wartezeit, mit dieser Karte und meinem Pass Geld zu beschaffen.
Die Gattin schaffte die benötigte Summe sodann in die medizinischen Räumlichkeiten und verabschiedete sich zu den für den Tag geplanten Unternehmungen. Dazu gleich mehr.
Ich schaffte mich wieder ins Bett. Das Hotel hatte einen offenen Innenhof, dieser Innenhof war über dem Erdgeschoss, das die Hotelhalle beherbergte, und dem 1. OG in dem allerhand Räumlichkeiten wie Einkaufsmöglichkeiten, das Businesscenter etc. untergebracht waren, mit einer Glaskuppel abgeschlossen. Trat man nun aus dem Aufzug (oder wahlweise aus dem Treppenhaus), gab es einen offenen, überdachten Gang zu den Zimmern. Sprich: Die gute Großstadtluft drang ungehindert bis vor die Zimmertüre. Diese Großstadtluft enthielt irgendwie immer Noten von Asphalt und Benzin, welche sich durch die aufkommende Hitze gut entfalten konnten.
Mein Wohlbefinden sackte in neue Tiefen ab. Ich legte mich ins Bett und wartete auf meine Genesung.
Dann kam die Ärztin mit den Tabletten. Außerdem hatte sie noch eine kleine Pulle mit einem abartig süßen Saft (Energiezufuhr und so), ein Kärtchen Paracetamol (falls ich Schmerzen haben sollte – unserem Ibuprofen-Tabletten stand sie eher kritisch gegenüber) und ein paar Tütchen mit Brausepulver (Ersatz für die zahllos ausgeschiedenen wichtigen Mineralstoffe. – Das sollte nach Mandarine schmecken, tat es aber nicht. Chemie schmeckt auch auf Kuba hochgradig nach Chemie.) kostenlos dabei.

Ich warf also die erste von zehn Dosen Antibiotikum ein gab mich meinem Leiden und Deutsche Welle TV hin. Bei Anne Will belaberten irgendwelche wichtigen Stiesel in dunklen Anzügen ein im fernen und kalten Deutschland sicher unheimlich wichtiges Problem. Leider waren sie die Einzigen, die in diesem Fernsehgerät der deutschen Sprache mächtig waren.
Auf einem dubiosen Kanal der ständig aktuelle US-amerikanische Kinofilme in spanischer Lokalisierung zeigte, tat ich mir dann noch ‘Meine Frau, die Spartaner und ich’ an. Ein absurdes Machwerk von geradezu grotesker ‘Qualität’.

Irgendwann am Nachmittag kam die Gattin dann zurück und ich sah mich in der Lage, zusammen mit zwei anderen in der Gruppe mitreisenden Paaren noch das Revolutionsmuseum zu besuchen. Das lag nur ein paar Meter vom Hotel entfernt, war also mühelos erreichbar.



Unmittelbar neben dem Museum befindet sich die Yacht Granma in einem eigens für sie gebauten Glashaus. Das ist das Boot, mit dem die Revolutionäre (unter anderem Fidel und Raul Castro, sowie Che Guevara) am 25.11.1956 von Mexiko kommend auf Kuba landeten. Diese Landung war ein ziemliches Desaster, da die meisten Beteiligten während der Passage wohl ordentlich die Fische gefüttert hatten und die meisten Waffen und Ausrüstungsgegenstände ebenso über Bord gegangen waren. Kurz nach der Ankunft trafen dann Batistas Truppen auf die Revolutionäre die sich unter Verlusten alsbald in die Sierra Maestra, einem fiesen Gebirgszug, zurückzogen und in der Folge von dort ihren Kampf aufnahmen.
Jedenfalls ist dieses Boot dort in Havanna ausgestellt. Zusammen mit einigen anderen Devotionalien der Revolution, der gescheiterten Invasion in der Schweinebucht von ’61 und der Kubakrise. Dazwischen lief ein in typischer Kuba-Revolution-Castro-Che-Uniform gekleideter Soldat umher und passte auf, dass kein Besucher was kaputt machte, klaute, oder beides.


Triebwerk des ’62 über Kuba abgeschossenen U-2-Spionageflugzeuges:


Und passend dazu, eine Rakete des Typs mit dem dieses Flugzeug abgeschossen wurde:

Gerät, mit dem die Invasion in der Schweinebucht ’61 von den USA unterstützt wurde:






Diese Fahr- und Flugzeuge hatte man teilweise mit kubanischen Hoheitszeichen versehen, da ja der Eindruck einer kubanischen Aktion erweckt werden sollte.

Hiermit waren die Revolutionäre während der eh…ja, Revolution unterwegs:



Die Granma selber konnte man vor lauter Glashaus(-streben) kaum richtig sehen, geschweige denn fotografieren. Schade.
Blick aus dem Museum:

Nebenan, im früheren Präsidentenpalast und jetzigen Revolutionsmuseum bestaunten wir dann eine Menge historisches Gerümpel. Die Ausstellung war dergestalt angelegt, dass man auf einem Rundgang durch die Räume geleitet wurde. In diesen Räumen befanden sich dann an den Wänden Glasvitrinen mit Pistolen, Mützen, Jacken, Essgeschirr, Patronen, … von Revolutionären. Außerdem Fahnen sowie allerhand Zeitungsausschnitte mit grobkörnigen s/w-Bildern und ausnahmslos spanischem Text. Der mir theoretisch verschlossen blieb. Praktisch erkannte ich gewisse Schlüsselworte natürlich trotzdem, auch die Fotos halfen beim Verständnis.
Wie schon im Haus der Generalkapitäne gab es hier Unmengen an uniformierten Wächterinnen die auf Stühlen herumsaßen, allerdings keine Anstalten machten, gegen Bares Sonderführungen zu veranstalten. Vielleicht war es ihnen einfach zu warm. Denn das war es. Abartig warm. Heiß. Schwül. Die meisten Fenster waren weit offen, aber trotzdem (oder deswegen) lastete in dem Gebäude eine unglaubliche Schwüle. Mir war noch immer nicht ganz wohl, und es wurde durch die Temperatur nicht besser. Viel länger als wir brauchten, um alles anzuschauen, hätte ich es wohl auch nicht ausgehalten.
Zurück im Hotel bestellten wir ein kleines Abendessen auf’s Zimmer und beendeten den Tag.

Und während ich den Tag über im Bett dahinvegetierte, vertrieb die Gattin sich die Zeit damit, allerlei Dinge zu tun, die man als Tourist in Havanna eigentlich so tut.
Da war zum einen der Cementerio Cristóbal Colón auf dem allerdings nicht der Namensgeber, also Christoph Kolumbus, hingegen an die eine Million andere Leute begraben sind. Und jedes Jahr werden es 20.000 mehr.
Damit ist der Friedhof der größte Amerikas. Die Anlage ist in der Tat riesengroß und von 20 km Straßen durchzogen.


















Das Mausoleum für die beim Kampf gegen das große Feuer von 1890 gestorbenen 28 Feuerwehrmänner:

Weiterhin entging mir das Castillo de los Tres Reyes del Morro, eine Festungsanlage die sich auf dem Felsen “El Morro” am Hafen Havannas befindet.
Von dort konnte man in früheren Zeiten die stadt ganz gut vor tendenziell mit Schiffen ankommenden Piraten beschützen. Der Kasten ist knapp über 400 Jahre als und heute ein Museum. Es gibt dort allerhand Festungsgemäuer, Kanonen und deren Zubehör zu sehen, allabendlich wird während der sogenannten Kanonenschußzeremonie ein ehem…nun ja, Kanonenschuß abgefeuert.




(Diese Zigarre hing da an der Decke rum.)















Einen Drink nahm man dann (ohne mich, und das war jetzt mal extra bitter) in der Bar El Floridita, Hemingways bevorzugter Daiquiri-Tankstelle.


PS.
Das Zwerchfell hört im englischen übrigens auf diaphragm, midriff oder phrenic, und im spanischen auf diafragma.

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