Kuba, Tag 1; Frankfurt – Havanna
Kuba, Tag 2; Havanna
Kuba, Tag 3; Valle de Viñales
Kuba, Tag 4; Castillo de los Tres Reyes del Morro, El Floridita, Cementerio Cristóbal Colón, Bettruhe
23.11.2009
Für den Morgen stand der Besuch einer Zigarrenfabrik in Havanna auf dem Programm. Da wir Havanna danach in Richtung Cienfuegos und Trinidad verlassen würden, galt es zu packen und die Koffer im Bus zu verstauen. Sprich: Man übergab die Koffer dem Busfahrer, der sie fachmännisch im Bauch des Busses unterbrachte.
Da 42 Koffer verstaut werden mussten und die Leute erst nach und nach aus dem Hotel kamen, machte ein alter Mann der die internationale Ausgabe der Granma, also der Zeitung der kommunistischen Partei vor dem Hotel verkaufte, gute Geschäfte. In seinem Stoffbeutel der aus irgendeiner Imagekampage der Bundesregierung stammte und den groß ‘Made in Germany’ mit den drei charakteristischen Farben zierte, hatte er jeweils einen Satz der Zeitung in den verfügbaren Sprachen (Unter anderem: deutsch, englisch, französisch und italienisch.). Einige aus unserer Gruppe (ich auch) kauften die deutsche Ausgabe die mit großen Lettern das US-Embargo anprangerte, das bei einer Abstimmung in der Uno eine massive Ablehnung erfahren hatte. (Das tut es schon seit vielen Jahren und kratzt die USA kein Stück.)
Im Bus blätterte ich dann ein wenig in der Zeitung, deren Druckerschwärze sofort Besitz von mir ergriff. Das raue Papier konnte die ihm anvertraute Menge an schwarzer Farbe nicht bei sich behalten und gab reichlich.
Der Zeitungsverkäufer freute sich sichtlich über den Absatz seiner Ware und lachte innerlich wohl heftig über die Trottel, die ihm aus irgendwelchen komischen Gründen regelmäßig den Kram abkauften.
Nach kurzer Fahrt erreichten wir die Zigarrenfabrik.
Dort erwartete uns ein Angestellter der uns durch die Hallen führte und in deutscher Sprache erklärte. Fotografieren war leider grundsätzlich verboten, das hatte, wie uns unser Führer erklärte, folgenden Grund: Vor einigen Jahren seien einige Amerikaner (vermutlich US-) in der Fabrik gewesen und hätten wie alle anderen Touristen auch fotografiert. Die anderen Touristen waren danach mit ihren Fotos und Erinnerungen nachhause gefahren und hatten mit ihrem Leben weitergemacht. Besagte Amerikaner hätten ihre Fotos allerdings dergestalt bearbeitet, dass man den Eindruck haben musste, dass die Zigarren nicht in Handarbeit, sondern durch Maschinen hergestellt würden. Und mit diesen ‘Fotos’ sei die Fabrik dann erpresst worden.
Zum Wahrheitsgehalt dieser Schilderung und dem Ausgang der Sache kann ich leider nichts sagen, wir durften deswegen aber nur gucken und nicht knipsen.
Schade, aber was will man machen.
Die Führung ging dann also so durch das Gebäude und wir sahen wie glutäugige, junge und jungfräuliche Schönheiten die Zigarren auf ihren nackten Oberschenkeln rollten…
Nein, natürlich nicht. Da arbeiteten ganz normale Menschen, junge und alte, schöne und nicht ganz so schöne. Die hatten lange Hosen oder Röcke an und ein paar rauchten Zigarren. Die einzelnen Arbeitsschritte wurden erklärt und gezeigt. In jedem Raum in Gebäude waren Lautsprecher aus denen die ganze Zeit eine Stimme quoll. Spanisch natürlich. Wir erfuhren, dass so die Zeitung bzw. Belletristik verlesen wurde. In einer der Hallen, in der unzählige ArbeiterInnen an Tischen saßen und Zigarren rollten, sahen wir dann auch eine ältliche Frau die auf einer kleinen Bühne saß und ein Buch in ein Mikrofon hineinlas.
Bei der Qualitätskontrolle vertraute unser Erklärbär uns dann grinsend an, dass die Zigarren die nicht den Anforderungen entsprächen, von den Arbeitern behalten werden dürften. Und dass es dann, je nach Privatbedarf, schon mal mehr Ausschuss gäbe. Hihi.
Am Ende bei der Verpackung gab es dann nur noch jeweils absolut gleich aussehende Zigarren einer Sorte (derer dort mehrere produziert wurden), die sorgfältig in Holzkisten verpackt wurden.
So ein Stapel daumendicker, einen aromatischen Geruch verströmenden Lungentorpedos macht schon was her.
Leider gab es keinen, wie auch immer gearteten, Werksverkauf. So ein bisschen Ausschußware hätte ich zu einem ehem…guten Preis genommen.
Als wir aus der Fabrik traten, parkte vor selbiger ein wie neu aussehendes und blitzblankes Erzeugnis der bayrischen Motorenwerke, die Modellbezeichnung beginnend mit einer sieben. Standerhalter und Nummernschild wiesen das Fahrzeug als zu einer Botschaft gehörend aus. Davor und dahinter ähnliche, allerdings nicht ganz so nagelneu erscheinende Fahrzeuge – die Eskorte.
Da holte sich der Herr Botschafter wohl ein bisschen Vorzugsbehandlung ab.
Wir stiegen in unseren Mercedes…bus und los ging die wilde Fahrt nach Cienfuegos. Wobei der aufmerksame Leser sicherlich schon weiß, dass ‘wild’ hier lediglich ein Euphemismus sein kann. In Havanna gibt es zwar keine nennenswerten Staus oder ähnliche Auswüchse einer modernen motorisierten Gesellschaft, aber der Verkehr ist mitunter durchaus hinlänglich dicht.
Außerhalb der Stadt erlischt das rege Treiben auf den Straßen schlagartig, und so waren wir wieder einmal auf weiten Strecken eher einsam auf der Straße unterwegs. Wenige PKWs und LKWs, Pferde- und Eselkarren auf und Reiter sowie Radfahrer auf/neben der Autobahn.
Unterwegs hielten wir an einer kleinen Raststätte die man neben die Autobahn gebaut hatte. Hütten mit Toiletten, Souvenirverkauf, Wasser, Eis. Kuhreiten und Krokodil/Kaiman/wasauchimmerstreicheln für einen kleinen Peso.
Katja gab dem sie zum Anfassen des Tierchens nötigenden Mann mutig nach.
Dem Reptil hatte man das Maul zugebunden, vermutlich nicht ohne Grund.
Auf dieser sich schier endlos hinziehenden Fahrt begann ich in meinem mitgenommenen Buch zu lesen. Stieg Larssons ‘Verblendung’. Das Buch war/ist super, dass ich es jetzt las, aber ein großer Fehler. Aber das wusste ich noch nicht.
Zunächst kamen wir in Cienfuegos an. 2002 wurden knapp 140.000 Einwohner gezählt, seit 2005 gehört das historische Zentrum der Stadt die an einer großen Bucht liegt, zum Weltkulturerbe der UNESCO.
Hier, also zu Cienfuegos gehörend, findet man das einzige Kernkraftwerk Kubas. Das hätte man sicher gut für die Versorgung der Insel mit elektrischer Energie gebrauchen können wenn es denn fertig geworden wäre. Aber mit dem Zusammenbruch der Sowjetunion war plötzlich der zahlende Bauherr (und wohl auch geplanter Lieferant für spaltbares Material) weg. Geblieben ist die charakteristische Kuppel an der, der Stadt gegenüberliegenden Seite der Bucht.
Zum Mittagessen kehrten wir in eine Villa im maurischen Stil (Palacio del Valle) ein, die sich neben einem hotelgewordenen Betonklumpen direkt an der Bucht befindet.
Villa und Hotel wurden vor dem Sieg der Revolution von dem (oder einem) Bruder Batistas errichtet, die Villa sollte dabei als Casino dienen und finanzkräftige Tölpel anlocken. Ein Rezept, das in Havanna mit tatkräftiger Unterstützung der US-amerikanischen Mafia zur Zufriedenheit fast aller Beteiligten (außer der Verlierer am Spieltisch natürlich) ausgezeichnet funktioniert hatte.
Wie auch immer – wo früher Roulette und Pokertische standen, saßen wir jetzt auf furchtbar weichen Stühlen an runden Tischen und bekamen…Hühnchen. Wer hätte es gedacht. Der Gerechtigkeit halber sei zugegeben, dass man auch Schwein und Fisch wählen konnte.
Fisch genießt bei den Kubanern übrigens einen eher schlechten Ruf als arme-Leute-Essen. Und das, obwohl man (da von Wasser in dem Fische schwimmen umgeben) die Ernährungsproblematik mit dem Konsum von Fisch ein stückweit entschärfen könnte.
Unser Mahl wurde vom schrillen Kreischen einer angejahrten Kubanerin begleitet die laut und falsch sang und genauso, also laut und qualitativ eher zweifelhaft, einen Flügel malträtierte. Hinterher verkaufte sie CDs, wir flohen vor ihr auf das Dach des Gebäudes. Von dort hatte man einen schönen Ausblick auf die Bucht mit ihrem blauen, glitzernden Wasser. Die Dachterrasse wurde von einem steinernen Geländer gesäumt, das soeben von einem mäßig motivierten Maler mit einer neuen Farbschicht versehen wurde. Und zwar so, dass der Mann bald wieder würde malen dürfen. Er reinigte den Untergrund nämlich nicht von Staub, kleinen krabbelnden Tierchen, Flechtenbewuchs und allgemeinem Dreck, sondern machte besagte Dinge durch drüberstreichen zu einem Teil des Geländers. Auf dass es bald abblättern möge.
So kann man sich auch beschäftigen.
Die wackelige metallene Wendeltreppe über die man im Inneren eines Turmes auf die Dachterrasse gelangte, wurde beim Abstieg aus der dafür günstig gelegenen Abluftöffnung aus der Küche mit intensiven Kochdünsten umweht. Der Architekt war entweder Misantroph, Ignorant oder einfach mit Leib und Seele Kubaner.
Durch das Betonhotel (Gran Caribe Jagua) gelangten wir zur Anlegestelle, wo schon das Boot für die Rundfahrt durch die Bucht wartete.
Danach konnten wor noch ein bisschen in der Stadt herumtappeln.
Man ging hier beim Versuch, größere Teile des Wechselgeldes ‘versehentlich’ einzubehalten, sehr plump vor.
Der Bus brachte uns, die Sierra de Escambray überquerend, in die zweite Hotel-Station der Rundreise. Das zog sich wieder endlos hin, unterwegs immer mal wieder politische Agitation.
Kurz vor dem Ziel sahen wir vermehrt, dass die Böschung neben der Straße abgebrannt war. Die Reiseleiterin erklärte, dass die Leute das Zeug lieber anzünden und abbrennen als es zu mähen/zu schneiden.
Dass das Gelände rechts und links der Straßen fast überall meistens von größerem Bewuchs befreit war, hatte ich schon vorher festgestellt. Offenbar bedienten sich die mit dieser Arbeit Beauftragten hier verschiedener Methoden. Hin und wieder kamen wir jetzt auch an noch brennenden Böschungsabschnitten vorbei. Kein Mensch war zu sehen, das kokelte unbeaufsichtigt vor sich hin. Wald-/Flächenbrand ahoi. Und tatsächlich gab es auch ein paar größere Flächen neben der Straße zu sehen, die schwarz verkohlt waren. Das kommt davon.
Inzwischen war es dunkel und wir kamen in Trinidad an. Von der Stadt sahen wir zunächst nicht viel, auf den Straßen die wir auf dem Weg zum Hotel befuhren, herrschte allerdings reges Treiben.
Wie Cienfuegos ist Trinidad (knapp 30.000 Einwohner) Weltkulturerbe der UNESCO. Das historische Zentrum ist sehr gut erhalten und enthält relativ wenige Läden, Restaurants und Hotels. Hier wohnen wirklich Menschen – in den meisten anderen sehenswerten historischen Innenstädten ist das nicht so.
Da es sehr warm war, gab es viele geöffnete Fensterläden, so dass man quasi aus dem Bus ungefiltert ins Wohnzimmer schauen konnte.
Unser Hotel lag ein paar Kilometer außerhalb der Stadt auf der Halbinsel Ancón und war eine Katastrophe. Falls jemandem mal der Name ‘Brisas Trinidad del Mar’ in Trinidad, Kuba unterkommt, so sei er gewarnt.
Wir hatten dort drei Übernachtungen, die unsere Leidensfähigkeit auf’s Äußerste ausreizten. Die Hotelanlage selber wusste durchaus zu gefallen. Die Lage auf der Halbinsel am weißen Strand ist nicht zu bemängeln, die Lobby befindet sich in einem großen, offenen und rustikalen Gebäude, die Häuser mit den Zimmern liegen verstreut in einem Garten der auch den Pool enthält.
Dass eine verputze Wand nicht so glatt ist wie in Deutschland und hier und da vielleicht ein Pinselstrich Farbe fehlte – das ist eben Kuba, daran hatten wir uns gewöhnt, das macht generell auch ein bisschen vom Charme der Insel aus. Aber die Zimmer…atemberaubend. Und zwar im Sinne des Wortes. Nach dem Öffnen der Tür schlug der geneigten aeroben Lebensform ein modrig-feuchter Geruch nach Schimmel entgegen. Und das war nicht nur bei unserem Zimmer so. Nebenan, bei Katja und Julia (mit denen man sich durch die ‘Wand’ im Bad bei Zimmerlautstärke gut unterhalten konnte) roch es noch fieser, die anderen Zimmer waren, wie wir erfuhren, nicht besser.
Was da an der Decke aus der Verkleidung nahe der Klimaanlage rauskroch, ließ nichts Gutes ahnen.
Dem Schrank im Flur vertrauten wir unsere Klamotten nicht an. Auch dort müffelte es, außerdem hatte das einzige Brett in diesem Schrank enorme Schlagseite und gab bedrohlich nach. Der eingebaute Safe verfügte über eine Bedienungsanleitung, man musste verschiedene Knöpfe in komplizierter Reihenfolge drücken. Nicht intuitiv. Nicht alle Zimmer verfügten, wie wir später erfuhren, über diese Anleitung.
Abendessen.
Das Buffet-Restaurant versprühte den Charme und die Gemütlichkeit einer Betriebskantine. Das Essen – ach, das Essen. Dieses Hotel sollte laut Katalog 3,5 Sterne haben. Mindestens zwei zuviel. Was man dort am Buffet teilweise vorfand, spottete an Geschmack und Konsistenz jeder Beschreibung. Und das änderte sich während unseres Aufenthaltes nicht. Innerhalb unserer Gruppe wurden bald von denen die bereits gegessen hatten, an die Nachfolgenden Hinweise gegeben, was man denn diesmal essen könnte. In Hotels probiere ich morgens gerne mal Dinge durch, die ich zuhause nicht zum Frühstück esse. Was man da auf dem Buffet eben so findet. Hier blieb ich morgens meistens bei soeben noch erträglich schmeckenden kleinen Brötchen und Marmelade. Obst konnte man gefahrlos zu sich nehmen, das wurde frisch und sichtbar aufgeschnitten, außerdem presste eine Maschine frischen Saft aus, mal orangen, mal eher grünen Zitrusfrüchten.
Der Inhalt vieler Schüsseln und Schalen am Buffet ließ den hungrigen Gast allerdings lieber weitersuchen.
Im krassen Gegensatz zum ihrem Arbeitsort waren die Kellner (zumindest die, die uns bedienten) zuvorkommend, ziemlich schnell, freundlich und erweckten den Eindruck, als versuchten sie den fiesen Eindruck den man vom Hotel insgesamt bekam, auszugleichen. Leere Teller wurden meistens blitzschnell abgeräumt, Getränke zügig gebracht. Einmal runzelte ein Kellner bei der Getränkebestellung die Stirn da die bestellten Flüssigkeiten im Restaurant nicht ausgeschenkt wurden, verschwand dann aber in Richtung Bar (die ein Stück weit entfernt liegt) und kam mit einem Helfer, Tabletts und den georderten Dingen wieder.
Außerdem erhielten die männlichen Gäste am ersten Abend je eine Zigarre (später dann zum Abschied noch eine) und die Damen eine Kette aus allerhand Holz- und Muschelkram geschenkt.
Der Kellner erklärte, dass sein Großvater die Zigarren gedreht hätte – die Qualitätskontrolle einer echten Fabrik hätten sie auch nicht bestanden. Haben trotzdem (nach übereinstimmender Meinung) recht gut ‘geschmeckt’.
Beim abendlichen Duschen (es gab nur kaltes Wasser) und der damit verbundenen allgemeinen Nutzung des Bades stellten wir dann fest, dass sich unter dem Waschtisch mit der Zeit eine veritable Pfütze bildete. Nebenan war’s ähnlich. Mit dem Unterschied, dass am nächsten Morgen dann auch der Flur unter Wasser stand.
Wir würden in diesem Hotel noch viel Freude haben.